Mit einer Seelenruhe

Ich habe den Klang dieses Satzes noch im Ohr.
Mit diesem Unterton.
Selten mit Bewunderung.
Mit einem Ansatz von Vorwurf.
Hat keinen Platz in der leistungsdefinierten Welt.

Maxi war gestern mein Begleiter und hat mich an die wertvolle Qualität dieser Worte erinnert. In aller Seelenruhe sich den Erinnerungen schöner Stunden und erfrischender Begegnungen hingeben.

Advent am Bichl

Bei sich selber zu Hause sein
innere Räume durchschreiten
um zum Ort der Ruhe zu gelangen
wo ich sein darf

(Pierre Stutz, Bei sich selber zu Hause sein. Weihnachtliche Wege nach innen)

Ausschnitte aus diesem Büchlein begleiten mich bzw. in diesem Fall auch Emma und Vega (und ein Reh) auf einem kurzen Adventsspaziergang.

Die Lienzrose

Zur Hochzeit haben wir einige Stöcke der sogenannten Lienzrose geschenkt bekommen. Nicht nur wegen ihrer Schönheit, auch deswegen, weil sie den Bezug zum Geburtsort von Hermann herstellt.
Sie dient mir heuer als Zeuge der ersten Botschaft, die in meinem Adventkalender zu finden ist:

ES GEHT IMMER AUCH ANDERS….
UND JEDER MENSCH IST MEHR ALS… er und alle anderen, die ihn kennen, von sich und ihm wissen. Jeder Mensch ist mehr als seine Ängste und Zweifel….
Und als persönliches Schmankerl, KEIN MENSCH BRAUCHT SICH VON SICH ALLES GEFALLEN LASSEN.

All dies Gedanken stammen aus einer Idee und aus der Feder von Viktor Emil Frankl, ein herausragender Mensch mit zutiefst menschlichen Gedanken. Kein Wunder, bei seiner Biografie.

Unerhört!!??
Ja, unerhört, im Sinne von AUßERGEWÖHNLICH.

Dieser Grundgedanke, dass es immer auch anders geht, begleitet mich schon seit vielen Jahren und ist Teil meiner Grundfeste.
Es ist eine Wonne, wenn ich bemerke, dass das plötzlich( warum auch immer) recht oder gar ganz leicht geht.
Alltagssituationen, die von alten Mustern und Glaubenssätzen besetzt sind, entdecken und erleben plötzlich Neuland. Und es wird leicht und spielerisch.

Die Lienzrose erinnert mich daran.
Sie blüht im Dezember!!
Wieso soll sie nur von Mai bis Oktober, wie es in den Beschreibungen zu lesen ist, blühen? Sie blüht jetzt.
Sie mag blühen, ich habe den Eindruck, sie will einfach blühen. Es blüht so aus ihr heraus.
Und sie lässt es zu!

20 Zentimeter Schnee haben sie heuer schon zu Boden gedrückt, Minusgrade waren eine ihrer Lebensbedingungen. TROTZDEM blüht sie noch immer.
Die Lienzrose trotzt mit ihren Blüten der Last und der Kälte. Sie vermittelt mir den Eindruck, dass sie sogar Freude daran hat.

Es geht immer auch anders.

Unerhört und gesegnet

Ich brauche es nicht noch einmal zu erwähnen, der Advent ist meine fundamentale und existenzielle unter all den HEILIGEN Zeiten. Die Wochen vorher sind davon geprägt, welche Themen stehen an, um näher betrachtet zu werden. Wie immer führen die Empfindungen und der Zufall dabei die Regie. Heuer waren es zwei Bücher, die ich von Hermann bekommen habe. Eines beschäftigt sich mit der Seelenruhe, das andere ist von meinem Helden: Mister Varoufakis. Ein Weihnachtstext aus früheren Jahren hat mir dann das Wort UNERHÖRT vorbeigebracht. In alten Weihnachtsbüchern und Kalendern habe ich dann noch gestöbert und bin dabei auf die Widmung von Pierre Stutz gestossen. Gesegnet sei unser Weg, jeden Tag neu. Das passte perfekt zu den Überlegungen aus dem Buch Seelenruhe. Und so liegen die Gedanken und die Themen jetzt vor mir. Wie im letzten Jahr bin ich schon sehr gespannt auf die Auswirkungen der unerhörten Menschwerdung Gottes!

Von Schuhen, Jacken und Taschen

Ob Männer so etwas auch kennen, weiß ich nicht. Vielleicht im Hinblick auf Kabel und Schrauben. Von vielen Frauen allerdings hört oder liest man, dass sie eine Schwäche für Schuhe haben. Die haben es mir nie angetan, am liebsten gehe ich barfuß, in meinen Birkenstocks oder in meinen Waldviertlern.

Meine Schwäche waren seit ich mich erinnern kann Jacken und Taschen.

Jacken kann ich nicht leicht weg- oder weitergeben. Die meisten liegen oder hängen noch irgendwo rum. So eine Schutzschicht mehr hilft manchmal gegen die Kälte, oder, dass nicht alles gleich unter die Haut geht.

Und Taschen, ja Taschen kann ich nie genug haben. Ich habe eine eigene Taschengarderobe und es beruhigt mich ungemein, wenn ich an ihr vorbeigehe.
Seit einiger Zeit gibt es ganz besondere und sehr spezielle Taschen. Petra verarbeitet alte Jeans zu wunderschönen und sehr praktischen Taschen. Sehr liebevoll verarbeitet und raffiniert in den Details.
Von ihr stammen auch die Gedanken, dass man wohl nicht für alles, was das Leben so vorbeibringt, die passende Tasche hat. Vielleicht hängt meine Marotte damit zusammen.

Für manche Eventualitäten des Lebens habe ich allerdings immer noch keine passenden Taschen. Wie für jene, die in dieser Karikatur dargestellt ist. Viel zu oft erlebe ich, dass Menschen, vor allem Kindern dies widerfährt. Manchmal hat es für mich den Anschein, dass diese Menschen nichts LEBENDIGES leiden… Da wird es wohl nie die passende Tasche dafür geben…

Kennst du das Land…

wo die Zitronen blüh´n… Diese Sätze begleiten mich im wahrsten Sinne des Wortes schon ein halbes Leben lang. Ja, Herr Goethe hat schon gewusst, was er in seiner italienischen Reise festgehalten hat.

Seit Jahrzehnten besuche und bereise ich dieses Land und es lässt mich nicht mehr los. Die Sehnsucht nach dieser einmaligen Wärme wird gestillt und zugleich verstärkt. Oder, wie es eine Freundin benannt hat, das ist für euch wohl schon so etwas wie HEIM FAHREN.

Heimat ist dort, wo das Herz ein Zuhause hat.

Ja, mein Herz hat dort ein Zuhause.

Allein all die Menschen, die dort leben und die im Laufe meines Lebens ein Teil davon geworden sind.

Beziehungen, die die Armut, das Elend, die Not, den Krieg aber auch die Freude, die Wärme, den Neubeginn, die Lebendigkeit, die Geburtlichkeit ( Hannah Strack ?) und das TROTZDEM kennen.

Über Jahrzehnte hinweg.

Ich könnte mich jetzt seitenweise ergehen und alle nur erdenklichen philosophischen und theologischen Abhandlungen schreiben, aber ich mag bei DIESEM Urlaub, bei DIESEN Tagen in der Lombardei und in Umbrien bleiben.

Und ich bin noch dort!

Und das freut mich und tut so wohl!!!!!!!!!!

Viele Jahre habe ich es vermisst, dieses über eine lange Zeit danach noch an Orten zu sein. Es war nicht mehr da.

Wenn ich wieder da war, war ich wieder da.
Aber dieses Mal hat sich meine Seele wieder daran erinnert und sie kann und mag es noch. Täglich erscheinen Bilder in meinem Kopf.

Bilder von den besuchten Orten, den Menschen, das Stimmengewirr, das Rauschen der Blätter, der Duft und die Aromen, das Wogen und das Strahlen. Und in diesen Momenten bin ich noch dort.

Ich höre die Schritte auf dem Kiesweg in der Dogana, rieche Margherita, habe Adelas Lachen im Ohr, schmecke die Nudeln bei Ines und spüre den Fahrtwind der kurvigen Landstrassen auf meiner Haut.
Und ich erinnere mich an die Blicke der Menschen, in denen noch soviel Herzlichkeit und Wärme ist,

an die ältere Dame, die ihre demente Mutter, die im Rollstuhl sitzt, küsst und herzt und kost und immer die Worte AMORE, AMORE MIO sagt,

an die Selbstverständlichkeit der Hilfsbereitschaft von wildfremden Menschen,

an den liebevollen Umgang mit unseren Mädels,

an die Unkompliziertheit und das außer Frage stellen,

an das Wissen um Siesta und DOLCE FAR NIENTE,

an die Lebensweisheit der älteren Menschen, die noch mitten im Dorf sitzen und häkeln,

an die Weite, die Sanftheit der Landschaften und die Weichheit des Wassers,

und an die Gelöstheit von uns allen.

Ja, ich kenne es mehr und mehr, dieses Land, indem die Zitronen blühen…

Die der Amalfiküste und die der Cinque Terre…

Ja, ich kenne es mehr und mehr, dieses Land von San Francesco, San Benedetto, San Antonio, Santa Angela, Santa Margherita und dem Heiligen Valentin.

Auch abseits

von Kapellen, Kirchen und Kreuzgängen findet sich Gott in ALLEM.

Was soll ich sie lehren?

Jene jungen Menschen, die in Ethik und in Geschichte und in Politischer Bildung unterrichtet werden?
Dass Griechenland zum wiederholten Male in der Geschichte die Idee der Demoratie entwickelt und lebt? Dass sich dieses Land der Epikie, des Ungehorsams erinnert?
Dass es in Europa Menschen gibt, die nicht bereit sind, sich zum billigsten Preis zu verkaufen?
Dass sich das Verhalten der MÄCHTIGEN in der europäischen Union mit dem Verhalten und den Kennzeichen einer Diktatur deckt?
Dass es Sündeböcke und Opfer geben MUSS- nein das wissen sie aus dem Religionsunterricht-das wissen sie, seit sie von Jesus Christus gehört haben?
Oder soll ich sie lehren, dass es Menschen wie Mahatma Gandhi, Martin Luther King, John F. Kennedy, Sokrates, Henry David Thoreau und Sophie Scholl gegeben hat. Und Menschen wie Martin Balluch,Heini Staudinger und Yannis Varoufakis gibt? Ich weiß, wofür ich mich entscheide:
FÜR DEMOKRATIE UND UNGEHORSAM GEGENÜBER ALLEN DIKTATORISCHEN IDEEN UND SYSTEMEN!!

Herr Janosch

lebt, wie alle Fans von ihm wissen, auf einer griechischen Insel. Klar, nur dort erhält man derartige Weisheit.

Wer hält noch fest an Idealen,

wer pflanzt noch einen Apfelbaum, wer fängt sie ein, die letzten Sonnenstrahlen? Wenn’s nicht die Dichter tun, die Lästerer wohl kaum….. ( aus: Tote Dichter von R.F.)
Diese, aus der Erinnerung hervorgeholten Zeilen eines Liedes, das Rainhard Fendrich leider nicht mehr singt, zumindest von den Konzerten, von denen ich weiß, fallen mir ein, wenn ich die Gedanken zur Frage, wer schreibt noch Briefe, schweifen lasse.

Allerlei an Kommunikationsmöglichkeiten hat die heutige Zeit hervorgebracht, und auf Lager. Postings, SMS, Whats ups, mails….. irgendwelche Abkürzungen, die nicht mehr für jedermann zu entziffern sind. Das ist alles recht komfortabel, aber wer schreibt noch Briefe?

Wo findet sich noch eine Auswahl an herrlichem Briefpapier, mit Initialen oder Mustern, Blumen oder Bordüren. Wo ist der Füllhalter, der noch ins Tintenfass getaucht wird und dabei mit Garantie einen Klecks verursacht? Wo die Zeit und die Muse, sich hinzusetzen und die Worte sorgfältig überlegen? Dann, nach dem gelungen Werk das Kuvert verschließen, die besondere Marke aussuchen, draufkleben und dann zur Post gehen, um den Brief aufzugeben. Wo finde ich noch das Warten auf den Antwortbrief?
Selten ist es geworden, das Briefe schreiben.
Neulich habe ich einen erhalten, einen Brief.

Nein, den öffne ich nicht so nebenbei, dafür gibt es eine spezielle Zeit und einen besonderen Ort. Dazu ein sehr gehaltvolles und schmackhaftes Bier- zur Feier des Tages.
Dann habe ich das Kuvert mit der Spannung, die ich dabei immer empfinde, geöffnet.

Den Brief hervorgeholt und seine Worte in meine Seele rinnen lassen. Balsam für die Seele sind die Worte in diesem Brief.
Die Augen werden feucht, da berührt etwas mein Inneres.

Bilder von Jahren der gemeinsames Zeit tauchen auf.
Nach einem köstlichen Schluck aus diesem besonderen Glas, lese ich ihn noch einmal und noch einmal.
Und weil er mich so freut und der Inhalt Gewicht hat, stecke ich ihn an unseren Kamin, damit ich ihn bei jedem Frühstück sehe und an Dich und die gemeinsame Zeit erinnert werde.

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

Ich mag es immer noch sehr, dieses Wort Gottes, das auch HEILIGE SCHRIFT genannt wird. Zahlreiche Stunden meines Lebens habe ich darin gelesen und studiert. Viel darüber nachgedacht, geredet, diskutiert, gebetet und meditiert.
In meinen Schulstunden habe ich immer wieder großes Vergnügen daran, auszuprobieren, dass es wirkt. Ohne Erklärung und Vorbereitung lesen die 11jährigen Textstellen, verbunden mit der Aufgabe, den Satz, der ihnen am besten gefällt, zu unterstreichen. Diesen Satz haben sie bei den Auferstehungsstellen als Lieblingssatz erkoren. Mehr aber auch nicht weniger ist die Botschaft von Ostern bis ins Heute hinein.
Ich mag diesen Satz noch einmal verallgemeinern: WAS SUCHT IHR DAS LEBEN, DAS LEBENDIGE BEIM TOD, BEI DEN TOTEN?
Wie oft erlebe ich , dass die Menschen verzweifelt versuchen beim Toten nach Leben und Lebendigkeit zu suchen. Vieles stirbt, muss sterben im Laufe eines Lebens. Ohne Tod kein neues Leben, wie das einfache Gleichnis vom Weizenkorn zeigt.
Es verwundert mich immer aufs Neue, wenn ich erlebe, dass Menschen sich für das TOT SEIN im Leben entscheiden. Und es tut mir immer wieder leid, zu erleben, wie verzweifelt deren Mitmenschen das Leben, das Lebendige in diesem Tod suchen. Oft braucht es Jahre des Erkennens. Schtierln, probieren, hoffen, reden, diskutieren, wieder hoffen, wieder probieren,…
Aber eines schönen Tages ist dann das Erkennen da. Dann gelingen die Wenden, die auch Maria Magdalena tun musste. Ja und dann, dann ist Auferstehung und Erlösung da. Hingewendet zum Leben und zur Lebendigkeit.

Ave Maria, piena di grazia

Es ist schon eine Weile her, dass ich in dieser Ecke unseres Blogs den Gedanken und Empfindungen freien Lauf gelassen habe. Wie so oft sind es Begegnungen, die den Anlass dazu geben.
Die ersten Jahre, die wir in diesem Haus verbracht haben, haben zahlreiche Kreuze den Altar und die Wände geziert. Nach heftigen Auseinandersetzungen, die ich mit diesem Gott, auch mit seinem Sohn hatte, hatte ich genug von der männlichen Seite dieser Kraft.
Ich bin keine Marienverehrerin, mit ihr, so wie sie oft dargestellt und gehandhabt wird, konnte ich noch weniger anfangen. Bis zu dem Tag als ich erkannte, welch weiche Trotzmacht im Leben dieser Frau zu finden ist. Wieviel Mut und unsägliches Vertrauen. Meine Mutter hat mir ihre erste Ikone, die sie selbst gemalt hat, geschenkt. Also habe ich alle Kreuze in einer Schachtel verstaut und Mamas Ikone auf den Altar gestellt. Die Haltung und der Blick dieser Frau tun mir jeden Tag aufs neue Wohl.

Das Rosenkranzgebet mag ich seit ich es in der kargen Kapelle in Bizë/Albanien gehört habe. Pater Jack hat die Schwestern damals gebeten, für meine Großmutter, die an diesem 30. Dezember gestorben war, zu beten. Die fremde Sprache und der vertraute Ablauf haben all die tröstende Kraft dieser Worte entfaltet. Da kann ich mich fallen lassen und bin getragen und aufgefangen.
In diesem Gebet gibt es einen Satz, der mich seit diesem Tag begleitet und trägt. Er beinhaltet für mich all den Trost der Welt:

HEILIGE MARIA MUTTER GOTTES, BITT FÜR UNS SÜNDER, JETZT UND IN DER STUNDE UNSERES TODES. AMEN.

Heil und Heilung.

Den Namen Maria höre ich immer in der gesungen Form aus dem Musical West Side Story. Maria,….

Eine ledige Mutter, die den unvorstellbaren Mut und den Glauben hatte, Gottesgebärerin zu werden. Nicht nur zu werden, auch zu leben, bis zum Kreuz und darüber hinaus.

Und als Antwort auf die Leichenfelder zweier Weltkriege hatte Papst Pius XII die Aufnahme Marias in den Himmel als Dogma der Welt verkündet.

Steh mir bei, wann immer ich mich von mir, den Menschen um mich herum und vom Göttlichen abgesondert habe.

Der Trost schlechthin, meist ist meine Seele an dieser Stelle schon vollkommen zur Ruhe gekommen, sind die Worte JETZT UND IN DER STUNDE UNSERES TODES. Jetzt, in diesem Moment.

Und in der viel besungenen und viel beschriebenen Todesstunde.

Amen. So sei es.

Wie alle Beteiligten in diesem Artikel gehört Goethes Faust zu einem meiner Lebensbegleiter.

Bilder von Amorgos, vom Tanz und vom Lechtaler Höhenweg tauchen vor meinem Auge auf.

Mit Marietta heiß diskutiert und neuerlich zur Weltliteratur erkoren, im Tiroler Landestheater als Tanzaufführung erlebt, und in der Sonne liegend auf einem Grasrücken, mitten in der Bergwelt von Hermann vorgelesen bekommen. Da stehen sie sich gegenüber, die zwei Wettbrüder, Gott und Satan und finden keine Lösung. Keine Erlösung für die Beteiligten. Und übergeben alles dem EWIG WEIBLICHEN. Mit der Bitte: Jungfrau, Mutter Königin, Göttin bleibe gnädig.

Aus La Verna, meinem ersten Franziskusort, habe ich mir dieses Gebetsband mitgenommen.

AVE MARIA, PIENA DIE GRAZIA….Santa Maria, Madre di Dio, prega per noi peccatori, adesso e nell’ ora della nostra morte. Amen.

Heute habe ich es um den Quittenstamm gewickelt.

Wo sonst.

Und es steht wohl an, diesen Satz in der nächsten Zeit immer wieder zu beten.

Für eine gute Sterbestunde.

Bleibe gnädig.

Unaushaltbar

Diese Ecke in unserem Hausbuch ist nicht an prominenter Stelle wie etwa unser Blog. Man muss danach suchen, um das Spirituelle und die Gedanken zu finden. Außer denjenigen, die via der jeweiligen Möglichkeiten ( z.B.: Twitter) davon informiert werden.
Das war eine bewusste Entscheidung, weil an diesem Ort – auch oder gerade – Unangenehmes, Unrechtes und Unverstandenes zu lesen ist.
Ich kann mich noch sehr gut an meinen Lehrgang zur Geistlichen Begleitung erinnern. Dort tauchte irgendwann die Frage auf: WAS TUN SIE MIT DEM, WAS SIE NICHT AUSHALTEN?
Die Antwort war recht schnell und recht klar spürbar, da ich mir das über all die Jahre eingeübt hatte. ICH LEGE ES VOR GOTT HIN.
Immer dann, wenn mir mein Menschsein keine Möglichkeiten mehr angeboten hat, irgendetwas an Situationen zu ändern, wenn es darum geht, anzunehmen oder zu zweifeln oder zu verzweifeln, habe ich das Thema ÜBERGEBEN.

Im diesem Zusammenhang geistert mir seit einiger Zeit die Organisation Amnesty International und deren Tätigkeiten im Kopf herum.
Ich kann mich noch gut erinnern, als ich die erste Ausgabe ihrer Zeitschrift in meinen Händen hielt. Damals waren in der Mitte noch die vorgedruckten Briefe und Postkarten, die man an die jeweiligen Staatsoberhäupter mit der Bitte um Einhaltung der Menschenrechte, geschickt hat. Ich kann mich noch an das lila und blaugrau der Briefmarken erinnern, die ich von meinem Taschengeld gekauft habe. Ich weiß das deswegen noch so genau, weil das Porto SEHR TEUER war (nur Ausland, nur Luftpost). Also entweder meine heißgeliebten Manner-Stollwerk oder Einsatz für Würde und Recht. Nicht nur einmal habe ich es als Frechheit von Seiten der Post empfunden derartige Aktionen( zumindest für Jugendliche) nicht günstiger zu machen.
Heute lebe ich diesbezüglich in einer anderen Zeit. Via Email kann man Petitionen unterschreiben und kostenlos gleich an mehrere Adressaten schicken.
Die Themen um die es geht sind immer noch nicht zum Aushalten für mich. Nur zwei Namen an dieser Stelle: RAIF BADAWI, jener dreifache Vater, Ehemann und blogger, der vor zwei Wochen seine ersten 50 von 1000!!!!!!!!!!!!! Peitschenhieben erhalten hat. Oder BOKO HARAM, die Mädchen im Alter von 10 Jahren zu lebenden Bomben machen.
Nein, ich befinde mich nicht mehr im 30jährigen Krieg, der für seine Gräueltaten bekannt ist. Ich lebe 400 Jahre später!!!!!!!!! Die Gräuel unterscheiden sich nicht.
Ich bin zutiefst dankbar, dass es Organisationen wie Amnesty gibt. Sie sind mir manchmal Licht in der Dunkelheit.

Und ich bin zutiefst dankbar, dass mir das BETEN gelernt und eingeübt wurde.

Fehler machen

“WENN ICH MEIN LEBEN NOCH EINMAL LEBEN KÖNNTE, WÜRDE ICH DIE GLEICHEN FEHLER MACHEN. ABER EIN WENIG FRÜHER.
DAMIT ICH MEHR DAVON HABE.”
Marlene Dietrich (1901-1992)

Über den Denunzianten

Wer öfter in unserem Blog liest, weiß, dass gerade ich Tante Google häufig befrage und die Ergebnisse auch gerne verlinke. Hier ein Treffer, der wegen seiner Sprachgewalt beeindruckend, wegen der Schilderung persönlicher Gefühle berührend und wegen seiner offensichtlichen  Aktualität bestürzend ist. Wer’s diskutieren mag, soll hier lesen…

Heinrich Heine – Über den Denunzianten

[…] dadurch geriet ich auf die unglückliche Idee mich mit Ideen zu beschäftigen, und ich dachte nach über die innere Bedeutung der Erscheinungen, über die letzten Gründe der Dinge, über die Bestimmung des Menschengeschlechts, über die Mittel wie man die Leute besser und glücklicher machen kann usw. [Zum verhängten Schreibverbot meinten manche ]„daß hier ein Eingriff in Eigentumsrechte stattfände, […], daß ich protestieren, künftigen Schadenersatz verlangen, kurz Spektakel machen müsse.“ Zu dergleichen fühlte ich mich aber keineswegs aufgelegt, ich hege die größte Abneigung gegen alle deklamatorische Rechthaberei, und ich kannte zu gut den Grund der Dinge, um durch die Dinge selbst aufgebracht zu sein.[…]; ich wußte, daß es der schnödesten Angeberei gelungen war, einige Mitglieder der erlauchten Versammlung, handlende Staatsmänner, die sich mit der Lektüre meiner neueren Schriften gewiß wenig beschäftigen konnten, über den Inhalt derselben irrezuleiten und ihnen glauben zu machen, ich sei das Haupt einer Schule, welche sich zum Sturze aller bürgerlichen und Moralischen Institutionen verschworen habe […]
Dieselbe Rücksicht verhindert mich, mit klaren Worten das Gespinste von Verleumdungen zu beleuchten, womit es [einer] unerhörten Angeberei gelungen ist, meine Meinungen […] zu denunzieren und das erwähnte Interdikt gegen mich zu veranlassen. […]
Sonderbar! Und immer ist es die Religion, und immer die Moral, und immer der Patriotismus, womit alle schlechten Subjekte ihre Angriffe beschönigen! Sie greifen uns an, nicht aus schäbigen Privatinteressen, nicht aus […]neid, nicht aus angebornem Knechtsinn, sondern um den lieben Gott, um die guten Sitten und das Vaterland zu retten. [Der Denunziant] gelangt plötzlich zur Erkenntnis, daß das Christentum rettungslos verloren sei, wenn er nicht schleunigst das Schwert ergreift und [jemandem] von hinten ins Herz stößt. Um das Christentum selber zu retten, muß er freilich ein bißchen unchristlich handeln; doch die Engel im Himmel und die Frommen auf der Erde werden ihm die kleinen Verleumdungen und sonstigen Hausmittelchen, die der Zweck heiligt, gern zugute halten.
Wenn einst das Christentum wirklich zugrunde ginge (vor welchem Unglück uns die ewigen Götter bewahren wollen!), so würden es wahrlich nicht seine Gegner sein, denen man die Schuld davon zuschreiben müßte. Auf jeden Fall hat sich unser Herr und Heiland, Jesus Christus, nicht [bei Denunzianten] zu bedanken, wenn seine Kirche auf ihrem Felsen stehen bleibt! Und ist [der Denunziant] wirklich ein guter Christ, ein besserer Christ […]? Glaubt er alles was in der Bibel steht? Hat er immer die Lehren des Bergpredigers strenge befolgt? Hat er immer seinen Feinden verziehen, nämlich allen denen, die […] eine glänzendere Rolle spielten, als er? […] War er jemals ehrlich, war sein Wort immer Ja oder Nein? wahrlich nein, nächst einer geladenen Pistole hat [der Denunziant] nie etwas mehr gescheut als die Ehrlichkeit der Rede, er war immer ein zweideutiger Duckmäuser, halb Hase halb Wetterfahne, grob und windig zu gleicher Zeit, wie ein Polizeidiener. Hätte er in jenen ersten Jahrhunderten gelebt, wo ein Christ mit seinem Blute Zeugnis geben mußte für die Wahrheit des Evangeliums, da wäre er wahrlich nicht als Verteidiger desselben aufgetreten, sondern vielmehr als der Ankläger derer, die sich zum Christentume bekannten, und die man damals des Atheismus und der Immoralität beschuldigte. […]
Ja, nächst der Religion ist es die Moral, für deren Untergang [der Denunziant] zittert. Ist er vielleicht wirklich so tugendhaft, der unerbittliche Sittenwart […]? […]
Auch gegen die Beschuldigung des Atheismus und der Immoralität möchte ich, nicht mich, sondern meine Schriften verteidigen. […] Man tut mir aber Unrecht. Ich würde nie mit der Lüge für die Wahrheit kämpfen.

Was ist Wahrheit? Holt mir das Waschbecken, würde Pontius Pilatus sagen.
[…]

Geschrieben zu Paris, den 24. Januar 1837

Heinrich Heine.