Wieder einmal der Jåhrtåg von der Uri

Dieses Foto zeigt meine Oma in ihrer Küche.
Meine Schwester sitzt auf ihrem Schoß und ich hänge an ihrem Rücken.
Da liegen einige Jahre dazwischen, was nichts an der Tatsache ändert, dass ich mich noch immer- auch nach so langer Zeit- gerne an all die gemeinsamen Erlebnisse erinnere.
Einige Beiträge könnte ich jetzt alleine über die Küche, das Geschirr, die Patschen, die Frisur, die Schürze und die Kaffeemühle schreiben- aber noch schreibe ich ja keine Biografie, obwohl sie ein wesentlicher Teil meines Lebens ist, besonders in Jugend- und Studienzeiten.
Und sie ist eine der wenigen, die sich um diese Zeit immer in Erinnerung rufen lässt.
Auch nach so vielen Jahren.
Mei Uri,jetzt würde ich dir gerne die Haare machen und dabei so allerhand bereden.
Zum Beispiel über Tschessgar destöng, wie du den früheren französischen Präsidenten immer genannt hast.

Die Reibe von der Oma

Angelika hat diese Reibe, ein Erbstück von ihrer Oma, schon einmal aufwendig mit einem Sandstrahler von alten Lackspuren gereinigt. Der Holzpropfen allein zeigt schon, dass damit einmal sehr, sehr vieles gerieben wurde. Wir hatten sie vor Jahren schon einmal im Einsatz, danach aber hatte ich “vergessen”, die Nussreste herauszuholen. Ich hatte auf eine (zugegeben: magische) Selbstreinigung gehofft, Vertrocknen, Schrumpeln, leicht wie der Wind werden und mit Umdrehen herausschüttelbar. Geworden ist es ein fossil anmutender Belag, den man mit schwerem Gerät (Stahlwolle) durchaus entfernen konnte: aber wie hinkommen?
Nach einem Fehlversuch – die Nieten am Gussgehäuse kann man NICHT herausklopfen — versuchte ich es eben ohne Öffnung so gut wie möglich, fast unmöglich, heißes Wasser konnte gegen die Versteinerungen kaum was anrichten, mit Schwammerl kommst fast nirgends hin: ich wollte schon aufgeben.
Da entdeckte ich, dass die unterste Blechrinne in einer Art Hülse eingefädelt war und wohl herausnehmbar sein sollte. Mit etwas sanfter Gewalt, einem Schraubenzieher und behutsamem Klopfen kam ich einen Millimeter weiter, und dann konnte man das Ganze herausziehen! Für die große Umhüllung der Reibtrommel selbst (mit einem zweiten Reibteil – genial) musste das wohl ähnlich gelöst sein, nach etlichen Versuchen gelang es, auch das herauszuholen. Putzen, putzen, putzen und in umgekehrter Reihenfolge, leicht geölt wieder zusammenbauen!
Der nächste Einsatz wird nämlich ein ganz besonderer! Und ich zerleg und putz gleich nachher: Pfadfinder-Ehrenwort!

Il Dottore

Dieses Bild habe ich immer vor mir, wenn Hermann in seiner unendlichen Geduld, seinem Hang dafür, alle Gesetze der Physik und der Mechanik zu ignorieren — die gelten für ihn nicht — eines meiner Erbstücke wieder funktionsfähig zu machen.

Wenn Bügeln Generationen verbindet

Ob sich das Hemd von selber bügelt, habe ich mich in den letzten Tagen oft gefragt.
Wir leben in einer Zeit, in der viele der Textilien pflegeleicht und bügelfrei geworden sind.
Aber ab und an gibt es diese festlichen Anlässe, bei denen das schöne Hemd getragen wird.
Mit Manschettenknöpfen.
Das Hemd wird gewaschen und dann hängt es da und wartet darauf, gebügelt zu werden.

Allzuoft fallen mir die Bügelkörbe meiner Jugend ein, gefüllt mit Bettwäsche, Geschirrtücher, Handtücher und und und…
Und es war nie nur EIN Korb.
Und er sollte vor dem FORTGEHEN gebügelt sein.
Seit dem Sommer fällt mir auch immer ein Gespräch mit Herlinde ein- sie liebt Bügeln.
Das hat sie vielleicht von ihrer Mutter, meiner Oma geerbt.
Sie fällt mir bei jedem Bügeln ein, weil es dazu eine Geschichte gibt, die mich seit ich sie das erste Mal gehört habe, beeindruckt und berührt.

Darum findet sich in diesem Beitrag auch ein Bild meiner Oma- mit mir und meiner Schwester Gabi.
Es ist eines meiner Lieblingsbilder von ihr und allein über die Küche hätte ich einiges zu erzählen.
Ich weiß noch, dass die rote Schüssel in der Kredenz weiße Herzen als Muster hatte. Sie war aus Plastik und am Rand gab es die klassische Verschmarglstelle.

Während der französischen Besatzung in Imst hat meine Großmutter den Soldaten Hemden gebügelt.
Am Rücken mit einer kunstvollen Dreierfalte, was dazu geführt hat, dass die anderen Soldaten auch von ihr die Hemden gebügelt haben wollten, weil diese Falten so fesch ausgesehen haben.
Diese Erzählung fällt mir bei jedem Bügeln ein und bringt mich rasch in den Zustand, dass es eine recht beschauliche Tätigkeit ist, wenn alles wieder glatt und faltenfrei ist- bereit für den nächsten festlichen Anlass.
Alltagsgeschichten, die Generationen verbinden.

An Zeilerzechn

Am Samstagabend sind wir über die simple Frage “Gibt es eigentlich noch eine Zeile?“ in die Nostalgie gestolpert- und wie.
Sehr schnell waren all die Bilder von Omas Küche, ihre handschriftlichen Einkaufsanweisungen und beinahe der Geruch aus dieser Zeit da.
Vom Jonak, nicht vom Semmelbäck, oder war es der Emilbäck?
Und 25 dkg(!) Aufschnitt.
Zum Marenden oder für die Abendjause, Schwarztee mit Zitrone oder Hagebuttentee dazu.
Als Kind hat mich fasziniert, dass sie den Zeilen ansah von welcher Bäckerei sie kamen, da konnte man ihr nichts vormachen.
Dann wieder die Bilder aus der Bäckerei, am Pudel lagen einige Stapel geschnittenes Packpapier in verschiedenen Größen und in verschiedenen Farbtönen.
Die Verkäuferin hat flink einen Bogen von diesem dünnen, hellen Papier genommen und um die Zeile gewickelt, Tixo drauf.
Dann daheim sich einen Zechn abbrechen, mit den Händen wieder in der Hälfte auseinander brechen, Stück für Stück belegen, zusammenklappen oder Deckel drauf.
Ein Hochgenuss.
Irgendwann war mein Gusto auf einen Zeilerzechn dann so groß, dass ich nur mehr gestammelt habe: Ma, jetzt so an Zeilerzechn…
Dass ich dann am Sonntag beim Frühstück mit einer Zeile, Aufschnittwurst und kluag geschnittenem Speck empfangen wurde, hat wiederum mit Hermann zu tun.
Da ist er in seinem Element.
Es war ein Festmahl.
Eingebettet in große Dankbarkeit.
Ob der Vergangenheit und ob der Gegenwart.

Einer Zeitreise gleich

ist das Entrümpeln in unserem Lagerraum, der Depot genannt wird. Den Mäusen sei Dank war es an der Zeit, mich mit diesem Raum unseres Hauses zu beschäftigen. Die Lebensmittel-, die Kleider- und die Werkzeugabteilung sind schon seit einiger Zeit getan.
Jetzt sind die Sammelordner und die Gruschtschachteln dran. Ein Halbtag pro Woche wird diesem Sammelsurium des gelebten Lebens gewidmet. Was da alles zu Tage kommt…

Es ist ein Wechselbad der Gefühle, vom blanken Entsetzen über den Aufwand, den ich in meiner Arbeit über soviel Jahre praktiziert habe, bis hin zu den Seufzern über all das zusätzliche Engagement und die zahlreichen Projekte… Einsatz für Menschenrechte, Jugendarbeit, Hospiz, Caritas, Bibelrunden, Kulturzeiten, Ostermarsch, Pfingstfest, Hilfsprojekte,… Ewige Themen der Menschheit.

Wie Aschenputtel habe ich von unserer Mondfrau eine Anregung zum MISCHTEN erhalten. Gute Energie: Bleibt. Schlechte Energie: AB DAMIT.
Das mit der guten Energie war Balsam. Immer wenn mein Herz einen Hupfer gemacht hat und dabei ein eher verklärtes Lächeln in mein Gesicht gezaubert wurde, dann bleibt der Gegenstand noch in unserem Lagerraum.

Manche der Gegenstände habe ich wieder ins Haus gebracht, sind wieder Teil meines Lebens. Meine Güte waren das Zeiten, wo es solche Geschenke gegeben hat. Meine Großmutter hat die Kollegen meines Großvaters nicht nur mit Speis und Trank versorgt, auch für Zigaretten war gesorgt. Das kann man sich beim heutigen GesundheitsWAHN gar nicht mehr vorstellen. Und wer beschriftet heute noch Geschenke – mit einer Schreibmaschine, die ein unverkennbares l hat?

Davon habe ich mich getrennt. Zins nehmen mit Gott… Nein, das geht gar nicht mehr. So viel Unheil, so viel Unrecht. Da spielt auch der Wert für ein Anschauungsbeispiel für den Geschichtsunterricht keine Rolle mehr. Ab damit.