Es gibt so Geschichten, die uns passieren, da ringe ich immer eine Weile, ob ich sie an diesem Ort niederschreibe. Wenn wir unser Hausbuch weiterhin, so wie früher, mit der Hand in schön gestaltete Bücher schreiben würden, dann hätten wir diese Geschichte aufgeschrieben.
Da dieser Ort, wenn auch öffentlich, weiterhin ein Hausbuch zum Nachschauen sein soll, bekommt diese Geschichte jetzt hier ihren Platz.
Allen langjährigen Bloglesern kommt dieses Gefieder sehr bekannt vor. Zwei wunderschöne federfüßige Gartenzwerge waren einmal Teil unserer Schar. Ihre einmalige Schönheit war der Grund für die Namen, die wir ihnen gaben: GINA (Lollobrigida) und SOPHIA (Loren).
Es ist ungefähr eineinhalb Jahre her, es war der Beginn der Sommerferien, jener Sommerferien, in denen wir 20 Küken hatten. Ich war schon am Einschlafen, da kam mir in den Sinn, dass ich Sophia heute nicht auf ihrem Platz auf der Kotstange gesehen habe.
Also wieder raus aus den Federn und mit der Stirnlampe in den Stall. Nein, sie war nicht da. Wir haben gesucht und gerufen und geputtet. Nichts. Am nächsten Tag wieder am gesamten Grund und in jeder Ecke Nachschau gehalten. Nichts. Auch rund um unseren Grund. Nichts. Wir haben keine Anzeichen eines Kampfes gefunden. Sie war einfach nicht mehr da. Vielleicht ist sie irgendwo brüten und kommt nach einiger Zeit mit ihren Küken wieder. Solche Geschichten hört man immer wieder. Ich habe gewartet, Tage gezählt, immer wieder einmal ihren Namen gerufen und gewartet.
Irgendwann habe ich dann die Hoffnung aufgegeben und ihren Namen auf die Ahnentafel geschrieben. Aber über all die Monate war da immer wieder einmal der Gedanke: IRGENDWANN FINDE ICH SIE.
Am Wochenende war Aufräumen im Schupfele angesagt. Holz- und Heubehälter sollen langsam leer werden, um Platz für Neues zu schaffen. Ganz unten in der hintersten Ecke habe ich dann den ausgetrockneten Körper von Sophia gefunden. Jede Feder ist noch dran. Daneben lag ein Ei.
Wie sie dahin gekommen ist und warum sie nicht gerufen oder geschrien hat und Hennen können bei Gott schreien, werde ich wohl nie erfahren. Es hat mich traurig gemacht, dass es manchmal, so hat es den Anschein, mit verkehrten Dingen zugeht. Jetzt bekommt sie mit ihrem Ei einen würdigen letzten Ruheplatz.
Gina und Sophia
haben die Namen der beiden italienischen Vollblutschauspielerinnen erhalten:
SOPHIA LOREN und GINA LOLLOBRIGIDA!!
Ich weiß es noch wie gestern, wie wir sie gekauft haben. Sie waren die erste andere Rasse, die wir zu unseren Seidenhühnern dazugenommen haben.
Scheu und verängstigt waren sie in den ersten Wochen.
Wenn der Hermann am Morgen in den Stall gegangen ist, haben sie immer gewartet, bis er sie auf den Boden hebt. Es war ihr Morgenritual, begleitet von ihrem bezauberndem Flöten.
Gina wurde dann Mama zweier herausragender Küken: Gundel und Chaira.
Liebevollst hat sie sie großgezogen, um dann zu erleben, dass beide vor ihr gehen.
Sophia haben wir an einem der ersten Ferientage im letzten Sommer nicht mehr gefunden. Wir haben gehofft, dass sie vielleicht irgendwo brütet. Solche Geschichten hört man ja immer wieder. Wir haben gehofft und gewartet. Irgendwann mussten wir dann die Tatsache, dass sie wohl nicht mehr kommt, akzeptieren.
Gina und ihre Küken haben uns große Freude bereitet. Ihr Sterben war uns ein großer Verlust.
Sehr tapfer und mutig hat sich Gina trotz allem dem Leben gestellt und ist zu einer wunderschönen, zutraulichen Henne geworden. Wann immer wir auf der Terrasse waren, hat sie uns Gesellschaft geleistet. So wie gestern, auf einem Stuhl, in der Sonne badend. Sie war einfach da! Dafür und für noch viel mehr bin ich ihr unendlich dankbar.
Unendlich dankbar bin ich ich dafür, dass sie heute auf mich gewartet hat. Obwohl ich mir Zeit gelassen habe, von der Schule heimzukommen.
Doch dann ging alles sehr schnell. Innerhalb von Minuten war der Todeskampf vorbei.
Jetzt sitze ich da und es rinnt viel salziges Wasser über meine Wangen.
Tränen der Rührung, der Dankbarkeit und der Trauer.
Danke Gina! Jetzt seids alle wieder beinand- und wir bleiben in Verbindung!