Die Schrift an der Wand

ist für uns kein Menetekel – im Gegenteil – sie ist eines der großen Zeichen für unseren Neubeginn. Und doch begann alles schon vor langer, langer Zeit.
Schriften haben mich schon immer fasziniert. Eigentlich Bücher. Aber meine erste Begegnung mit Büchern hatte ich in der Bibliothek meiner Großmutter. Fraktur im Bleisatz. Wenn man mit den Fingern über das wellige Papier streicht, sind die Buchstaben immer noch als Vertiefungen spürbar. Und die Details der Buchstaben, die Serifen, Ligaturen (wie ich später lernte), die Ober- und Unterlängen begeisterten mich wie wohl jede Geheimschrift einen Buben begeistert. Das waren Kunstwerke, jeder Buchstabe. Als ich dann Kurrent lernte und die Briefe meiner Großeltern lesen konnte, war mir, als ob sich eine Welt öffnen würde, durch die man nur durch die Geheimtür der Schrift eintreten könnte.

Die Begeisterung ist geblieben, der Computersatz war zunächst eine Enttäuschung: die PC-Schriften waren eigentlich ein Verbrechen, die Mac-Computer, bei denen Steve Jobs von Beginn an Wert auf Typographie legte, unerreichbar, aber irgendwann hat dann Windows ja auch das kopiert und da waren sie: Times (naja, „New“, also eine Kopie), Arial (naja, „Helvetica“ wär das Original) usw. – serifenlose und Serifenschriften und das bisserl Gespür und gelesenes Know-How über Schriften (Ach! die Bodoni!).

Und jetzt, angeregt durch die letzte Zeit-Beilage „Wien essentiell“, in der Danielle Spera einen ihrer Tage in Wien schilderte, landeten wir an unserem ersten Tag, nach einem gemütlichen Raster im Cafe Alt Wien im „Duft & Kultur“, wo wir eher an der Kultur hängenblieben: Buchstaben und Ziffern aus verschiedensten Materialien (der 9er ist aus alten Bootsplanken!), in verschiedensten Schriften.

Und so hängt jetzt unsere Schrift an der Wand, die Times-ähnlichen großen „H“ und „A“, das „km“ im Rahmen und die die restlichen Buchstaben – in einer außergewöhnlichen, 50-er Jahre Schrift, bei der auch das „f“ eine Schleife in der Unterlänge hat. Die Freude an den Buchstaben, die da so sinnlich greifbar hängen, die Freude an der Symbolik und das Aneinanderschmiegen und neckische Beisammensein der einzelnen Zeichen zaubert immer wieder ein Lächeln auf unsere Gesichter.

Ein Gedanke zu „Die Schrift an der Wand

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