Es ging sich gemütlich aus noch einmal in Orta essen zu gehen: im Leon d’oro waren wir noch nicht, die Lage direkt am See ist verlockend genug, die Küche in unseren Führern hochgelobt: also — natürlich waren Hunde kein Problem — wurden wir an einen gemütlichen Tisch gesetzt, studierten die Karte und genossen den letzten Abend: als Vorspeise ein Tris von Seefischen bzw. eine unglaubliche Zwiebelsuppe, als zweiten Gang Ravioli mit Fisch gefüllt und ein Topinambur-Flan. Wir wollten zwei Gläser Franciacorta dazu trinken, der freundliche Kellner überzeugte uns zu einer Flasche (die praktisch gleich viel kostete) und servierte die Tragtasche zum Mit-nach-Hause-nehmen gleich mit. Ach!
Archiv des Autors: Hermann
Campo de’ Fiori
Das war unser erstes Ziel am Samstag: ein berühmter, relativ kleiner Markt, auf dem vor allem frische Lebensmittel von Bauern angeboten werden, in der Mitte des Platzes steht die große Statue von Giordano Bruno, der hier 1600 als Ketzer hingerichtet wurde.
Wir aber haben uns gleich ein feines Platzerl am Rand gesucht und verkostet und gerastet, ein bisserl gschaut und die Atmosphäre genossen. Der Negroamaro del Salento “12 e mezzo” der Cantina Varvaglione südlich von Tarent, den wir getrunken haben, war so gut, dass wir gleich eine Flasche mitgenommen haben — die haben wir leider auch schon getrunken!
Taralli mit Pasta madre (Sauerteig)
Begonnen hat alles mit den Tarallini, die wir geschenkt bekommen haben:
wir konnten gar nicht so schnell schauen, wie die weg waren: herrlichst! Als ich dann im Kochbuch von Antonella Scialdone ein Rezept fand (allerdings: mit Fenchel) war klar: die müssen wir probieren!
Ich hab dann aber ein Rezept verwendet, von dem ich mir erhofft habe, dass es näher an denen war, die wir gegessen haben — auf einem beeindruckenden Blog: Cappucino e Cornetto! Hier das Rezept von dort, so wie ich es gebacken habe (das hatte ich zuhause):
½ kg Weizenmehl (Type “0”), 12 dag Olivenöl, ⅛ Weißwein (Prosecco 😉 ), 20 dag Pasta Madre (150g Weizen, 50 g Hartweizen) — nicht aufgefrischt! 10g Salz. Die PM mit dem Wein und dem Öl, in dem das Salz eingerührt wurde, mischen und zu dem Mehl geben, alles sehr gut verkneten. Einige Stunden rasten lassen, zu einem langen Laib formen und wieder eine Stunde rasten lassen. Schmale Streifen abschneiden, zu dünnen Nudeln ausarbeiten und in ein paar cm lange Stücke teilen, Ringeln formen. In kochendes ungesalzenes Wasser geben und nach dem Aufsteigen auf einem Geschirrtuch trocknen lassen, im Rohr bei 200°C 25-40(*) Minuten backen.
Bei meinem ersten Versuch sind sie recht knusprig geworden — aber vom Geschmack her unwiderstehlich, genauso wie ihre Vorbilder. Zum Rotwein oder einfach zwischendurch!
(*) Ich hab sie gerade zum zweiten Mal gemacht (die Hälfte davon mit einem gehäuften Teelöffel gequetschtem Fenchel) und dabei offensichtlich etwas dünnere gemacht: nach 25 Minuten (Umluft) waren die schon recht braun an den Enden! Beim letzten Mal waren aber 40 Minuten (Ober- und Unterhitze) nötig…
GiaNdo — pizza e cucina
Wir haben es mit unserer Unterbringung in Rom wirklich gut getroffen: die Pizzeria GiaNdo mit Tischen im Freien an der sehr ruhigen Straße — nur ein paar Schritte entfernt, was vor allem nach dem Essen sehr angenehm war. Eine riesige Auswahl, eine gute Pizza, vor allem aber eine gemütliche, ruhige Atmosphäre. Zweimal waren wir dort, in Erinnerung geblieben sind neben der freundlichen sehr aufmerksamen Bedienung vor allem eine Nachspeise: der beste affogato unseres Lebens!
Ristorante Passetto bei der Piazza Navona
Das Ristorante Passetto hat eine lange Vergangenheit: es wurde 1860 gegründet, wurde von Berühmtheiten wie Liz Taylor und Richard Burton besucht, und hat eine bewegte Gegenwart: im Moment ist die Webseite im Aufbau, als wir dort waren, war sie noch aktiv — und hat auch damals auf ein anderes Angebot verwiesen, das ungemein verlockend war: Kochkurse im Herzen von Rom: die gibt’s auf jeden Fall.
In einem Regenguss, der uns für die charmanten Versprechungen eines singenden Kellners, der uns einen warmen und trockenen Platz versprach, empfänglich machte, wurden wir nicht enttäuscht: das Ristorante servierte hervorragende Getränke (ein birra artigianale, darunter auch ein Weihenstephaner Vitus!) und sehr gutes Essen — die Spaghetti vongole blieben noch lange in Erinnerung …
Am sympathischsten waren aber das Team des Restaurants: inmitten der immer wieder auffrischenden Böen waren sowohl (gefühlte) Chef als auch Chefin — die Geschwister Marilena e Salvatore Barberi — tatkräftig am Werk und schauten auf ihr Restaurant und ihre Gäste: wir wurden freundlich bis zum Schluss bewirtet und genossen jede Minute!
Spinatomelette
Wenn ich Frittaten mache gibt’s natürlich meistens ein Omelette (und manchmal auch umgekehrt): das Rezept für das Speckomelette kann man auch vereinfacht ohne Eiertrennen und Schnee schlagen machen — ich merk da kaum einen Unterschied. Mit gedünstetem Spinat und fallweise reifem Bergkäse ergibt das dann ein besonders würziges und doch leichtes Abendessen!
Schiacciata di 11 grani antichi (Sauerteig)
haben wir heuer aus der L’aia mitgenommen — und die haben uns so gut geschmeckt, dass wir versucht haben, sie selbst zu machen. Fast so dünn wie Knäckebrot, schwach gesalzen. Wir haben uns dann für ein Pasta-Madre-Rezept für Crackers von Antonella Scialdone entschieden, den Chia-Samen weggelassen und statt Kamut eben unsere 11-Getreide-Mischung aus der L’aia verwendet (für ein Blech):
75g Pasta Madre mit 160g Wasser mit der Hand zu einer Flüssigkeit vermischen, 225g Mehl dazukneten, danach 4g Salz und schließlich 25g Olivenöl einarbeiten. Im geölter Schüssel mit Folie abdecken, eine Stunde rasten lassen. Mit eingeölten Händen in der Schüssel einige Male falten. Wieder 1-2 Stunden rasten lassen. Auf Backpapier (Löffel Wasser drunter!) recht dünn ausrollen und mit einem Teigrad teilen, wieder eine halbe Stunde rasten lassen. Bei 170°C 25 Minuten backen, auf Gitter auskühlen lassen.
Schmecken am besten, wenn sie wieder beginnen, hart zu werden!
Frittaten aus Gelbweizen
Aus Hohenbercha haben wir den Weizen, den sie dort verarbeiten — Gelbweizen — mitgenommen. Heute habe ich daraus Frittaten gemacht (nach dem vereinfachten Rezept für Omelette), sie sind wunderbar dünn und knusprig geworden, vor allem aber schmecken sie hervorragend. Natürlich auch gleich als Abendessen!
Warum mir Italien so gut tut (Teil 2)
Vor langer Zeit, ich war noch recht jung, war mir völlig unverständlich, wieso in Italien Brot zu jedem Essen auf den Tisch gehören sollte. Mein Schwager bat darum, wenn es einmal nicht da war. Das passt doch gar nicht überall, etwa zu Nudeln? Ich Banause!
Heute steht es bei uns bei fast jedem Essen dabei. Für die vielen einfachen italienischen Gerichte, die fast nur aus der gekochten Zutat — wie etwa Roveja-Linsen — bestehen, ist Brot eine feine Einlage. Am meisten aber schätze ich es am Ende einer Mahlzeit: wenn von der Sauce noch etwas im Teller ist, wird dieser Rest auch noch mit ein paar Stücken Brot genüsslich gewürdigt. Das drückt eine Wertschätzung aus, die jeder Zutat und ihrem Zusammenwirken in dieser Mahlzeit entgegengebracht wird, Achtung all der Sorgfalt und der Liebe, die in der Zubereitung steckt, und nicht zuletzt Dankbarkeit, solche Stunden erleben zu können. Diese Hochachtung spüre ich in Italien immer wieder, von der Grundhaltung bis in kleinste Details.
Bei unserem letzten Besuch in San Galgano musste ich warten, die Frau vor mir trank einen Espresso. Dazu bestellte sie ein (!) Keks, das nicht nur einen beachtlichen Euro kostete (es war klein!), sondern auch liebevoll auf einem Tellerchen serviert wurde und mit Genuss in mehreren kleinen Bissen verzehrt wurde. In einer italienischen Bar bekommt man zu einem Glas Wein fast immer stuzzichini, sehr kleine Häppchen, oft so gut, dass man sich so durch den Tag kosten könnte.
Die Speisenfolge in einem klassischen italienischen Menü zeigt diese Würdigung ebenso: von den Antipasti — oft nur ein paar wenige kleine Kostproben erlesenster Speisen, über die primi piatti (für uns schon oft ein vollwertiges Essen) dann bei den secondi einem Stück Fleisch oder Fisch alleine einen Gang einzuräumen und es dadurch in seinem Wert auch besonders herauszustellen, finde ich sehr angemessen.
Aus all diesen Gründen fühlt sich beim Essen in Italien auch die Seele wohl — und da hab ich noch kein Wort darüber verloren, wie unglaublich gut die italienische Küche ist. Aber das weiß eh jeder.
Viele Wege führen nach Rom
Die Route abseits der Autobahn versprach eine reizvolle Strecke — und keine Hektik: am Vorabend hatten wir in dunkler Nacht eine durchgehende Lichterkette auf der Autobahn Richtung Rom rauschen sehen — das wollten wir auf keinen Fall. Also: wir fahren entlang der Via Cassia.
Der Beginn der Fahrt, am Vormittag, entlang am Bolsena-See war uns noch bekannt, dann aber war alles Neuland. Nach Montefiascone bogen wir ab um Viterbo zu umfahren: das gelang, allerdings auf abenteuerlichsten Straßen! Manchmal, wie so oft auch in der Toskana, fühlte man sich mitten in der Wildnis: nur Gestrüpp, Bäume, weit und breit keine Behausung — und bergige Höhen, die wir hinauf- und wieder hinunterfuhren. Den ersten kleinen See, ein Naturschutzgebiet, sahen wir nur durch Bäume hindurch ein bisschen entfernt liegen: den Lago di Vico.
Über Ronciglione und Sutri ging es zum zweiten kleinen See — dem Lago die Bracciano: ein Ort, der so einladend wirkt, dass wir da sicher noch einmal hinfahren werden: ein Badeort mit einem unter Naturschutz stehenden See – eine lange Promenade. Als wir den See verlassen und Richtung Rom weiterfahren wollen, es ist etwa Mittag, springt plötzlich von links ein paar Meter vor uns ein Wildschwein auf die Fahrbahn — mit rasendem Galopp quer drüber — Angelika kann am Rain entlang der Straße noch einen kleinen Frischling und ein weiteres großes Schwein erkennen! Vollkommen überrascht sind wir nur fasziniert, und beglückt, dass diese Überquerung offensichtlich für die Familie gut gegangen ist, beim Zurückschauen sehen wir ein paar Männer am Feldrand, die die Szene ebenfalls gesehen haben.
Dann ist das Ziel nur mehr Rom: wir wissen, dass wir schließlich über die Via Flaminia unser Ziel erreichen werden, ankommend über die Giustiniana. Nach dem See erwartet uns zuerst noch Hügelland mit kleinsten Örtchen (einmal finden wir das Schild “Roma” nur durch eine kleine, einspurige Gasse), dann aber wird alles weiter und weiter, der Verkehr hält sich in Grenzen, aber die Straßen werden breiter und dann merkt man schon, dass Rom auf Hügeln erbaut wurde.
Essen in der Trattoria Vinosus
Die letzten Male in Orvieto gehörte ein Besuch im Vinosus, wo wir unser Hochzeitsmahl hatten, einfach dazu.
Es war Mittag, für draußen zu kühl, daher das erste Mal innen, wo in einem kleinen Raum vielleicht acht Tische Platz finden. Wir waren die ersten, mit der Zeit kamen noch ein paar Gruppen dazu. Die Karte überschaubar, die Bedienung wie immer angenehm und kundig — die Weinempfehlung wunderbar.
Worauf wir Lust hatten und ein bisschen Neugier bestimmten die Auswahl: Angelika ein Kichererbsenpürree mit Garnele (sehr fein und zart), ich Sardellen, um Brotstäbe gewickelt, mit Broccoli (eine perfekte Kombination).
Danach nahm Angelika eine Bohnensuppe (drei verschiedene Bohnensorten, zum Niederknien) und als Hauptgang Cacio e Pepe (sehr gut, schafften wir auch zu zweit nicht mehr ganz; als Einstimmung auf Rom!). Ich traute mich über eine Taube — piccione all’orvietana, ein traditionelles Osteressen. Sehr intensiv, das Fleisch fast wie Wild, auch sehr dicht im Geschmack. Eine Nachspeise (Vin Santo mit einer herrlichen Creme und hausgemachten Keksen) war der krönende Abschluss.
Brennnessel-Suppe mit Muscheln
Unsere Brennnesseln schießen gerade in einem magischen Grün aus dem Boden, gerade handhoch sind sie, und daher perfekt für eine erste Ernte — später nehme ich dann nur mehr die obersten Triebe.
Die Suppe daraus, dieses Mal mit blauen Kartoffeln (schaut etwas gewagt aus), ist eine gesunde, bekömmliche, herrlich schmeckende Wohltat.
Zu einem vollwertigen Abendessen wird sie mit etwas Zugabe: ich bin im Moment geradezu verrückt nach Muscheln (und alles aus dem Meer) und hab mich getraut: eine Handvoll ins Teller dazu (ich hatte geräucherte Austern aus der Dose; das aromatische Öl wer’s mag gleich auch noch dazu), ein paar Stücke meines schwarzen Vollkornbrots dazu. Als Ausgleich und Farbtupfer eine Viertel Chili in Scheiben. Göttlich!!
Dazu ein Viertel Pinot Grigio. Ja was will man denn mehr??
Borgo Pirolino
Dieses Mal wollten wir uns Orvieto aus der Umgebung anschauen — dass es so eine berauschende Aussicht werden würde, war ein Glücksfall.
Der sehr nette Vermieter wartete gerne auf unsere etwas spätere Ankunft und erklärte alle wichtigen Details unserer Unterkunft: ein kleines abgeschlossenes Häuschen, mit Wohnzimmer, Küche, Bad und Schlafzimmer mit einem kleinen Gärtchen davor. Das beste war aber die riesige Wiese im Anschluss an den Garten: weit hinunter reichte das Gras, unsere Hunde konnten laufen wann immer sie wollten. Am Ende dieser Wiese ist Orvieto zu sehen.
Die Küche war sogar mit einfachen Zutaten wie Öl und Salz ausgestattet, das Geschirr mehr als vollständig: wir konnten also gleich am ersten Abend, es war bald recht kühl, eine Kleinigkeit kochen!
Bei der Abreise, nahmen wir dann noch zwei Flaschen des selbst gemachten Olivenöls mit: 11 Euro verlangen sie und ich fragte nach: etwa 1,5 Liter Ertrag bringt die Ernte eines einzigen Baumes in guten Jahren — sie haben 400. Da ist dieser Preis schon wieder niedrig, wenn man an all die Arbeit denkt, die da dran steckt. Und: wenn man schmeckt, wie gut es ist!
Auf neuen und alten Wegen
Ein letzter Blick zurück auf San Galgano — auf nach Orvieto! In diesen Gegenden waren wir schon oft unterwegs, und so ist es auch eine Fahrt durch unsere Geschichte. Zuerst wurden wir von den Winden des Schicksals etwas abgetrieben (dafür kamen wir auch an der Crete Senesi vorbei), in Sinalunga schließlich setzten wir wieder auf Bekanntes: Nach Süden, an der Abfahrt nach Montepulciano vorbei, auf immer wieder bekannten hügeligen Wegen. Recht allein auf den guten Straßen sausen wir in der feinen Mittagssonne an Pienza vorbei, wo Federico und Ines geheiratet haben (und wir auch später schon waren), vorbei an den Bagni di Vignone bei San Quirico d’Orcia, wo wir in den Thermalquellen gelegen haben (das Orcia-Tal ist Unesco-Kulturerbe), vorbei an der Fortezza di Radicofani, wo der italienische Robin Hood gelebt hat (an der Via Francigena, mit herrlicher Aussicht), dann über Acquapendente und San Lorenzo Nuovo und San Giorgio dann plötzlich über die Hügel ins Tal hinunterfallend zu unserer Unterkunft: in der zweiten Kurve der Serpentinen, die nach Orvieto hinunter führen!
San Galgano bei Nacht
Im Gasthaus waren außer uns noch ein, zwei Tische besetzt, als wir dann am Ende des Mahls auf den Vorplatz treten, sind wir ganz allein. Recht bald können wir die Hunde freilassen und uns ganz auf die Abbazia, ganz allein, inmitten der Nacht einlassen.
Erinnerungen an unseren letzten Besuch werden wieder lebendig: das Mittelschiff, mit dem Blick auf den Altar, die Seitenschiffe. Die imposanten Fenster an den Seiten und die grandiosen im Chor. Der Himmel über uns hat eine warme Dunkelheit, ein paar Wolken ziehen langsam durch, gleichzeitig fühlen wir uns geborgen und dem gesamten Weltenall gegenüber. Alles andere, alles außen, alles gestern, ist in diesem Moment nicht vorhanden. Nur jetzt, wir.