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steigt und so schaut es, kurz vor 12 Uhr beim Bonder, aus.
Archiv für den Tag: 3. Februar 2016
Am Friedhof
Es ist sehr selten der Fall, dass am Fasnachtstag kein schönes Wetter ist. Aber wenn die Prognosen Schnee oder Regen ankündigen, weiß ich meinen Vater immer fragende und klare Worte an die verstorbenen Fasnachtler richten. So auch heuer. Der verstorbene Obmann mit dem er sechs Mal das Schemenlaufen mit organisiert hat, hatte kein Weihwasser mehr im Weichbrunnenkessel. Daraufhin geht mein Vater mit dem Plastik einer abgebrannten Kerze in die Kirche und holt Weihwasser. Das Füllen des Weichbrunnen kommentiert er mit folgenden Worten: “Wenns miar do sou nass hobe, brausch du ou it in Truckene liege(viele Rufezeichen)”
Bei Schönwetter sind die Larven, die Gröller und die Gschaller außerhalb der Friedhofsmauer aufbewahrt. Und wenn ich die Fotos so betrachte, werde ich das Gefühl nicht los, dass die verstorbenen Fasnachtler beim Petrus heuer ein ganz besonderes Gehör gefunden haben.
So viel haben sie schon lange nicht mehr von der Fasnacht gesehen. Und sie wissen ja, die Imschter kennens- bei jedem Wetter.
Heilige Orte
Die vierte Generation
Viele meiner Fotos haben heuer eine Unschärfe. Nein, es war nicht der Schnee und nicht der Regen. Die Zacher haben wohl verschleiert, was für mein Auge klar war. Das Gefühl, wenn sie dann kommen, beim Aufzug, die, denen man sich verbunden und nahe fühlt, kann ich bis heute nicht beschreiben. Dafür habe ich bis heute noch keine Worte gefunden. Die vierte Generation Roller und Scheller der Familie Mark: Björn und Niklas
Zwei Roller, die ihrem Papa in ihrem Schlonz, ihrer Anmut, ihrer Sprungkraft, ihrem Können und ihrer Eleganz nicht viel nachstehen. Es ist wohl das Schwesterherz, das seinen Bruder immer noch als SCHIANSCHTEN ROLLER in Erinnerung hat.
Inser Fåsnåcht
Heuer war es nicht nur eine außergewöhnliche, ganz besondere, magische und mysthische Imschter Fåsnåcht, es war auch unsere Fåsnåcht- die von Hermann und mir.
Ein Tag, an dem ich kein Kind im Tragetuch oder in der Kraxe hatte, niemanden angezogen oder eingenäht habe, keine Fotos machen sollte, keinen Tee ausschenken oder Würstel herrichten durfte, niemandem dieses herrliche Treiben zu erklären hatte.
Nur schauen und hören und staunen und wundern und berührt sein und bereichert werden. Und ganz DERHUAM sein.
Bereits um fünf Uhr sind wir losgefahren um rechtzeitig zur Fasnachtsmesse zu kommen. Darüber und über das EINNÄHEN bei uns daheim wird Hermann schreiben, dazu habe ich keine Fotos( ganz meins).
Einnähen für die Fåsnåcht
Die Trachten der Roller und Scheller (die immer ein festes Paar sind) werden zugenäht – sonst könnten sie die den Beanspruchungen des ganzen Tages gar nicht standhalten.
Das ist, wie auch die Vorbereitung des ganzen Ånglegs, Frauensache. Jetzt, eine Stunde vor Beginn des Aufzugs, dem Zug zur Kirche, wo beim Zwölfeläuten alles beginnt, weiß jede, was sie zu tun hat. Geschickt, als ob sie nichts anderes täten, wird zügig und flott gearbeitet, nur manchmal gesprochen, so konzentriert läuft alles ab.
Auch wir können ein bisschen dabeisein – und bleiben fast unbemerkt!
Die Fåsnåchtsmesse in Imst
Als Nicht-Imster war für mich die Begeisterung von Angelika (und ihrer Familie) für die Imster Fåsnåcht immer zutiefst beeindruckend: da war nichts zu erklären und man brauchte und konnte es auch nicht – die war spürbar, und, ein bisschen, in den Blicken, sichtbar. Dass das alles mit närrischem Treiben oder Karneval nichts zu tun hat (höchstens am Rande), wusste ich; heuer aber nahmen wir uns einen ganzen Tag vor, für uns. Von der Messe für die Fåsnåchtler (um 6:30 in der Früh) bis zum Schlusskroas (heuer etwas früher kurz vor dem Betläuten).
Eine Messe, in der alle Teilnehmer an der Fåsnåcht – also nur Männer – die Kirche füllen – nicht nur die Sitzplätze auch die Seiten der Kirche. Frauen sind da höchstens geduldet, „wenn sie keinem Fåsnåchtler einen Platz wegnehmen“. Und sichtbar werden sollten sie auch nicht, also keinen Opfergang und keine Kommunion an diesem Tag. Am besten irgendwo hinten am Rand bleiben: wir fühlen uns geehrt, überhaupt dabeisein zu dürfen.
Die Männer sind vollzählig, jeder spürt die Kühle dieses frühen Morgens, die Verbundenheit im gemeinsamen Beginnen dieses so lange erwarteten Tages: Jahre hat die Vorbereitung auf diesen Tag gedauert, viele, die meisten sind schon seit Jahrzehnten dabei, wie ihre Väter auch, Generationen. Die Larven, des ganze Ångleg liegt bereit, bei den Frauen, zuhause.
Der Pfarrer tritt mit seinen Helfern und den Ministranten in den Altarraum und statt einer Orgelmusik beginnt ein Männerchor, der Imster Liederkranz, zu singen, in Imster Mundart:
Iatz isch er wieder då der Tåg,
auf döin me sou lång g’wårtet håt.
Då g’heart ‘s zun ålte Brauch derzua,
dass me in d‘ Mess geaht in der Fruah.
Miar sei heint då, weil Fåsnåcht isch
und bitte di, Herr Jesus Chrischt:
Geah, gib ins decht an schiane Tåg,
gånz ohne Streit und åndre Plåg.
Vielleicht röid‘sch ou in Petrus drei(n),
dass ‘s Wetter passt, geah sei sou frei!
Weil Schnea und Röige mecht mer it!
Döis war die zwoate groaße Bitt‘.
(Text und Musik von Franz Treffner jun., zitiert nach www.fastnacht.at).
Da lupfts dann auch mich das erste Mal. Im Lauf der Messe werden immer wieder, entsprechend der Liturgie, solche Strophen gesungen, manchmal nur ganz kurz. Beim Sanktus etwa:
Sanctus hoåsst heilig, und heilig bisch du.
Der Ablauf der Messe aber auch der Ablauf des Tages werden zueinander in Beziehung gebracht, sodass ich später, bei den Stationen, den Kroasen, immer wieder an diese Zeilen denken muss.
Die Melodien sind eingängig, gefühlvoll mehrstimmig vom Chorleiter Viktor Schellhorn arrangiert. Das Schlusslied weist voraus auf den Fåsnåchtsmarsch, vom Vater des Komponisten geschaffen.
Wir haben die Uraufführung dieser Messe miterlebt, sie wird uns den Tag über begleiten, und die magische Stimmung dieses Tages wesentlich mitbestimmen. Jetzt im Erinnern, mischen sich diese Lieder mit den archaischen Klängen der Gangln, dem Wechsel vom hellen Klang der Roller und dem Getöse der Scheller.