Von der Freude

Reich beschenkt und bepackt und mit vielen guten Erinnerungen und Lebensmomenten sind wir von diesem Osterurlaub heim gekommen. Da hat schon die nächste freudige Überraschung auf uns gewartet. Ein Osterhase von Johanna aus Mattsee. An alle hat sie gedacht, für jeden war etwas dabei. Zum schönsten gehört dann diese Freude weiterzugeben. Tschippo wurde bei den Sticks wieder jung und fit, Emma und Vega haben mit Hingabe geknabbert, die Hennen könnten es kaum glauben und wir freuen uns beim Nachmittagskaffee über Kieseln und Kugeln.

Auspacken gehört zu den großen Freuden nach einer Reise. Wenn dann all die Köstlichkeiten, die immer mit Geschichten und Lebenseinstellungen verbunden sind, aus den Taschen und dem Koffer auftauchen. Jedes Teil hat seine besonderen Qualitäten und ganz in unserem Sinne- ohne Chemie, mit Sorgfalt und Bedacht hergestellt, liebevoll verpackt und mit viel Herzlichkeit übergeben. Gute Energie für kühle Tage und kühle Zeiten.

Abschied und Heimfahrt

Donata, unsere Wirtin im wunderbaren L’oca mannara, und ihre Tochter Blu verabschiedeten sich herzlich von uns, wir bekamen als Geschenk von Blu noch Freundschaftsbänder – in der gleichen Farbe! Das Wetter war wieder herrlich, wir genossen jeden Meter und fuhren recht langsam den See entlang bis wir nach Omegna Richtung Lago Maggiore abbogen. Wieder hatten wir den dieses Mal letzten italienischen Ort im Visier – Cannobio – wo wir in der Sonne noch eine letzte Pause machen wollten. Und diesesmal lief alles wie geplant: die Sonne war herrlich warm, wir fanden gleich einen feinen Platz und das winzige Lokal hatte ein „Poretti 5“ – wunderbar.
Erst bei näherem Hinsehen entdeckten wir das schöne Symbol am Flaschenhals und erst zuhause konnte ich nachschlagen, was es denn damit auf sich hat: eine Initiative, gegründet 2013, mit dem Ziel, Italiens wichtigste Stärke – die in der Wichtigkeit von und dem Talent für Schönheit (in der Tradition der Renaissance) – gesehen wird. Daher der Name. Auf den zugehörigen Webseiten wird das ausführlich erläutert. Da findet sich wirklich viel, was diese Idee stützt. Natürlich soll diese (Eigen-)besinnung auf diese Stärke auch dazu führen, dass es mit Italien aufwärts geht. Einen prominenten Namen hab ich mir gemerkt: Die Ernesto Illy Foundation ist Unterstützer, Andrea Illy Gründungsmitglied.
Das Logo selbst ist offenbar auch aus einer Ideensammlung entstanden: es ist schön und hier anzusehen.
Dass eine der Stärken Italiens Schönheit ist, daran besteht für uns kein Zweifel. Aber man denke nur an all die anderen: der Reichtum des Landes an herrlicher Natur, der Reichtum der herzlichen Menschen, die vielen wunderbaren Lebensmittel, die Sonne…

(Kein) Reis aus Piemont und ein Essen in Varallo Sesia

Der Ostermontag begann wolkenverhangen und mit dem Gebimmel der Schafe und Ziegen, die an unserem Haus vorbeizogen. Kurz danach hörte man den Bauern, der mit seinem Traktor das Nachbarfeld bearbeitete, laut und fröhlich singen – es klang wie ein italienisches Volkslied, er war wirklich gut! Aber wir mussten los, ein großer Plan wartete auf uns, im letzten Moment noch um einen Abstecher zu Rovasenda inmitten von Reisfeldern erweitert – dort wollten wir Reis kaufen, den besten, einen aus dem Piemont. Der Wetterbericht versprach im Lauf des Tages entscheidende Besserung, sodass die Fahrt von Varallo über den Pass bereits malerisch werden sollte, der Besuch der Madonna del Sasso mit äußerster Aussicht über den Ortasee einer der Höhepunkte. Als Abschluss Heimweg über den Fabriksverkauf von Alessi in Omegna. Bei dieser Liste hat der (Wetter-)Gott vermutlich bereits das fünfte Mal gelächelt: über unsere Pläne…
Rovasenda erwies sich als praktisch menschenleer, ein alter Mann lächelte kurz aus einem Fenster, die Straßen waren ohne Menschen, alle Geschäfte geschlossen – eine Geisterstadt. Wir fuhren ein Stück zurück – am Weg, der von vielen, vielen Reisfeldern gesäumt war, hatten wir einen Hof mit einem Schild “Riso” gesehen. Wir läuteten. Keine Reaktion, keine Menschen oder Tiere. Uns beschlich gar nicht so langsam das Gefühl, dass Ostermontag vielleicht kein so guter Tag für sowas sei. Etwas weiter trafen wir Menschen – junge Männer, die gerade mit einer großen Privatgrillerei begonnen hatten. Reis? Nein, sie wüssten nicht, wo. Vielleicht im nächsten Ort. Aber eine Party hätten sie hier…
Auf dem Weg zum nächsten Ort, der Himmel war für eine Wetterbesserung eigentlich schon wieder recht dunkel, ein Schild und ein vielversprechender Hof: neben dem Haus lagen Reissäcke, die Tür hatte etliche Plaketten und Auszeichnungen zu bieten und ein kleines, sehr kleines handgeschriebenes Schild: “oggi chiuso”. Kurz liebäugelten wir mit dem Austausch eines Reissacks gegen einen hinterlegten Schein. Aber nein: das Schicksal war uns dieses Mal einfach nicht (Reis-)gnädig. Wir führen zurück auf unsere Route Richtung Varallo.
Das Sesia-Tal ist beeindruckend breit am Anfang und wirst erst langsam immer enger. Sehr bald waren wir in Varallo angelangt, es hatte inzwischen angefangen zu regnen.
Also: wir gehen Essen! Das beeindruckendste Lokal hatte geschlossen, die Pizzeria Le Sphinge, die wir als nächstes fanden, war aber sehr speziell (und gut) – wir erholten uns, wärmten uns auf und genossen das herrliche Essen. Ein Grappa am Ende durfte nicht fehlen!

Von schönen und alten Künsten

Varallo ist voll von schönen, alten und stilvoll renovierten Häusern. Der Ort ist sehr stolz auf seine Geschichte und lebt das auch im Fortführen einiger alter Handwerke.

Zwei Produkte haben auch den Weg in die Klockerei gefunden. Als Urenkel einer PATSCHENMACHERIN konnte ich nicht widerstehen ein Paar SCAPIN VALSESIANO mitzunehmen. Jetzt schreitet Hermann manchmal wie Don Pasquale durchs Haus.

Puncetto heißt das zweite Handwerk, das in diesem Ort immer noch praktiziert wird. Ich habe das vorher noch nie gehört oder gesehen. Inzwischen weiß ich, dass das in einigen Ländern eine lange Tradition hat. Ich war beeindruckt als ich mir auf Anraten der älteren Dame im Geschäft diese Technik in einem Video anschaute. Nur mit einer spitzen Stopfnadel wird in den Faden Knoten für Knoten gewickelt. Auf diese Art und Weise knoten sie Vorhänge und Taufkleider, Spitzen und Borten. Ich habe mich für diese Ohrringe entschieden. Der Aufwand ist mir gerade noch vorstellbar. Die Jungen lernen es immer noch von den Alten und- so die Aussage der Dame im Geschäft- am besten gefällt ihr, wenn die Frauen aus Marokko mit den Frauen aus Varallo ihre Knotenkünste austauschen.

Diese Tafel an einem der renovierten Häuser hat mein Herz zum Lachen und zum Schmelzen gebracht. Auch so eine Darstellung habe ich noch nie gesehen.

Varallo im Valsesia

Am Ostermontag wollten wir der gegenüberliegenden Seeseite einen Besuch abstatten. Von kurvigen Passstraßen und beeindruckender Aussicht war die Rede. Die Fahrt hatte einen Hauch von AUßER UNS IST NIEMAND AUF DER WELT und den Ausblick auf den See hatten wir dann zumindest am Ufer wieder.

Davon unbeeindruckt haben wir Varallo, das für seinen historischen Stadtkern und den ältesten der Sacro Monte bekannt ist erkundet. Wenige der Geschäfte hatten geöffnet, aber eines ist mir schon bei unserem ersten Rundgang aufgefallen. Da ich weiß, wie sehr Hermann gute Salami schätzt, zögerte ich nicht lange und erstand mit Hilfe des sehr netten Verkäufers ein weiteres Gustostückerl für unsere Vorratskammer. Dass ich dabei auch Kostproben aus der Metzgerei für die wartenden Hunde und weitere Kostproben für den wartenden Gemahl vor der Türe bekam gehört bei diesem Herrn anscheinend zum Service dazu.

Gesehen haben wir ob des Wetters nicht allzu viel, dafür umso mehr gekostet und probiert.

Fattoria dei Matti

Bei der Vorbereitung auf unseren Urlaub hab ich die üblichen Quellen studiert – und da ist immer das Erste die Suche nach einem Agriturismo: in Ameno wurde ich gleich fündig, allerdings war die Beschreibung auf den Internetseiten überraschend: dort konnte man nicht wohnen, sondern nur essen. Auch gut, genau das wollten wir ja. Die Beschreibung klang gut – es werde Wert auf beste Qualität gelegt und soweit möglich natürlich nur selbst Angebautes verarbeitet.

Als wir am Freitag einen Spaziergang durch das Örtchen unternahmen, fragte ich einen älteren Mann, wo denn die Fattoria zu finden sei – dort wo ich sie vermutet hatte, war nämlich gar nichts. Nun, meinte er, das sei etwa 2,5 km in die Richtung – er deutete vage nach Süden. Das war uns dann zwar zu weit, aber am Samstag gingen wir, nachdem wir auch einen Wegweiser gefunden hatten, in die Richtung. Bald endete der Ort, bald die asphaltierte Straße, bald waren nur mehr vereinzelt ein paar Hütten zu sehen. Der Weg wurde immer schlechter und noch immer nichts in Sicht. Dann plötzlich ein Tor mit einer Klingel (die nicht funktionierte) und einem großen Schild: bitte anrufen! Ich meldete mich und konnte mich zum Glück gleich englisch unterhalten: am Sonntag wär’s schlecht, da wären viele Leute, Montag wäre besser. Gut, am Sonntag waren wir eh in Orta. Also Montag Abend. Ich verstehe jetzt, warum eine der Kritiken lautete, man könne zum Essen nichts sagen, da man das Restaurant einfach nicht gefunden hätte.

Wir wussten den Weg schon, trafen um 1/2 8 ein und wurden eingelassen. Allerdings ging der Weg gleich weiter, immer noch kein Haus, ein paar Lichter auf einem weit entfernten Hügel. Dort?? Nein, kurz darauf ging’s steil hinunter und wir kamen zum Haus (leider bei schlechtem Wetter) – ein galoppierender Esel gefolgt von einem kleinen Pferd und der nachlaufenden Betreuerin sausten grußlos an uns vorbei – unsere Hunde standen nur da und schauten. Wir wurden vom Wirt und seiner kleinen Tochter empfangen, die uns sehr herzlich empfingen; der junge Wirt (der eigentlich gelernter Jurist war) erklärte ausführlich, was es denn zum Essen geben könnte: er erklärte es genau so, wie ich es auch erklären würde, ich habe ihm als Koch sehr gerne zugehört. Was wir dann aussuchten – Vorspeisen verschiedenster Art, primo ließen wir aus (Lasagne), dreierlei Fleisch als secondo (da gab’s kaum eine Wahl – alle drei unheimlich gut) und als Nachtisch eine Kostprobe aller seiner Kuchen – einer besser als der andere, natürlich alles selbst zubereitet. Als Wein empfahl er den eigenen, der völlig frei von Zusätzen selbst angebaut und gemacht wird, einen Gutturnio, an den wir uns aus der Emilia-Romagna gern erinnerten.
Nun: allein der Wein übertraf alle Erwartungen und alles andere war ebenfalls ein Hochgenuss!

Dass wir die einzigen Gäste waren, machte die Atmosphäre zusätzlich sehr besonders, die Filmplakate an den Wänden waren sehr reizvoll, als Abschluss gab es Kaffee und Grappa. Sehr zufrieden verabschiedeten wir uns und traten den dunklen Heimweg an – wir waren schließlich zu Fuß gekommen!

Sacro Monte di Orta

Im Sommer habe ich schon von diesem speziellen Ort gelesen. Ein Hügel mit 20 Kapellen, in denen das Leben des Heiligen Franziskus von Assisi dargestellt wird. So war es in der Beschreibung zu lesen. Im Juli 2003 hat die UNESCO den Sacro Monte di Orta zum Weltkulturerbe erklärt.
Ein Andachtsweg führt vom belebten Ortszentrum in einigen Windungen einen Hügel hinauf, vorbei an tausenden Magnolienblüten. Immer wieder gibt der Weg den Blick auf den See und die Insel frei. Oben angelangt findet sich eine Aneinanderreihung von Kapellen, Rastplätzen und Parkanlagen. In jeder Kapelle findet sich die Darstellung einer Szene aus dem Leben des Heiligen. In lebensgroßen Terracottafiguren- manchmal über 100 Statuen in einer Kapelle. Sehr beeindruckend und überwältigend. Sehr anschaulicher Geschichtsunterricht in herrlicher Landschaft.

Grüner Spargel mit Butterbröseln und kernweichen Eiern

Beim Gemüsehändler in Domodossola mussten wir uns wirklich zurückhalten – aber den Versuchungen Fenchel, Spargel, Tomaten, Knoblauch und Zwiebeln konnten wir einfach nicht widerstehen. Den (grünen) Spargel gab’s als erstes zuhause: in der Folie mit Butter, Olivenöl und Salz bei 160° etwa 3/4 Stunde im Ofen garen, die kernweichen Eier (4′) und die Butterbrösel gegen Garzeitende zubereiten (reichlich Butter in die Pfanne, Semmelbrösel – das muss kurz aufschäumen, nicht rauchen! – mit Salz abschmecken), auf vorgewärmten Tellern servieren: den Saft aus der Folie über die Spargelstangen leeren, das vermischt sich dann mit der Butter von den Bröseln, die Eier dazu!
Wir haben Rotwein dazu getrunken.

Gemüse vom Markt aus Domodossola

Beim Markt in Domodossola kamen wir natürlich auch an einigen Gemüseständen vorbei und vor der Rückkehr wollten wir noch ein paar essbare Erinnerungen an den sonnigen Süden mitnehmen: natürlich Tomaten (viel zu wenige!!!), Spargel, Knoblauch, Zwiebeln, Fenchel, … leider war das schon so schwer, dass wir uns einfach beschränken mussten.
Zuhause angekommen war dann klar: das wird sofort verkocht, das wird so frisch wie möglich genossen – ein Gemüsegenuss-Wochenende! Zuerst einfach, der Spargel – wie immer in der Folie mit Butter/Olivenöl und Salz gegart, dazu Butterbrösel und weiche Eier von unseren Hühnern – wunderbar.
Dann der Fenchel – gebraten wollten wir ihn alle, aber dann warf ich einen kurzen Blick in den Ottolenghi und es war klar, dass das Rezept aufregend klang. Geworden ist’s dann fast das ganze Rezept, wir aber zur Gänze zufrieden und beglückt – der herrlichste Fenchel meines Lebens!
Am Abend dann ganz simpel, einfach die Tomaten mit Olivenöl und Salz, unserem ersten Rucola und dem Käse aus dem Slow-Food-Laden – einfach aber umwerfend, denn die Tomaten waren die ersten nach dem Winter, die einen eigenen Geschmack hatten: fruchtig und süß, unwiderstehlich! Das Kastanienbrot mit Almbutter dazu passte perfekt und eine Zeit lang war es ähnlich ruhig wie beim Fenchel zu Mittag.

So wunderbar etwa das Fleisch in der Fattoria Matti geschmeckt hat – solche Aromen wie sie diese vegetarischen Gerichte bieten, sind unvergleichlich vielfältiger, eindrücklicher – an die kann man sich auch erinnern (und danach sehnen).

Orta San Giulio

Bereits im Sommer, als wir diesen See mit Adela und Margherita besuchten, wollte ich mir diesen Ort und diese Insel anschauen. Damals hat der Tagesablauf der jungen Dame zum Rasten und Ruhen eingeladen, diesmal machten wir den Wunsch wahr. Wir waren im ruhigen, fast verschlafenen Ameno untergebracht, umso erstaunter war ich, als beim traditionellen Ankommenslokal, bei einem Glas Wein in der Sonne, Menschenmassen an uns vorbei, sich in Richtung Orta bewegten. Beim Flanieren durch diesen reizenden Ort war mir schnell klar, warum derart viele Menschen ihren Ostersonntag hier verbringen. Geschichte, Tradition, Kunsthandwerk und gutes Essen gibt sich hier ein Stelldichein. Dass wir von einer Jakobusmuschel und einem Jakobuspilger begrüßt wurden hat mich wieder einmal an das GETRAGENSEIN erinnert. Ich mag Orte, denen Traditionen, Wissen, Können und Handwerk mit Stolz herzeigen.

Das Leben ist stärker als der Tod

So lautet die zentrale Botschaft des christlichen Osterfestes. Und so gilt mein erster Blogbeitrag zum Ostersonntag all dem Lebendigen, Aufblühenden und Neugeborenen, das uns in den Tagen am Ortasee begegnet ist. Kamelien- und Magnolienbäume in voller Blüte, eine Araukanie, die mich bei jedem Blick aus dem Fenster ins Staunen versetzt hat, das Krähen der Hähne, das Getratsche der Schaf- und Ziegenherde waren unsere österlichen Begleiter.

Monte Mottarone – nein, wir hatten KEINE Sehnsucht nach Schnee!

Aber da war welcher! Und Skifahrer! Der Gipfel, auf 1491m am Ende eines langen Rückens, der Lago d’Orta und den Lago Maggiore trennt, hat Schnee, wurde auch zu Ostern präpariert und genutzt.
Uns interessierte viel mehr die Aussicht: angeblich sollte man von dort sieben Seen sehen können. Am Ende des wunderschönen Tages war es gegen 5 dann aber doch etwas dunstig und vor allem mussten wir den Gipfel erst besteigen: den Hunden machte der Schnee Spaß!
Wirklich gut sehen konnte man die beiden großen Seen (mit jeweils einer Insel), beim Lago Maggiore dann noch drei kleinere, darunter den Lugano-See. Wo die anderen beiden zu sehen sein könnten?

Was uns besonders beeindruckt hat, war die Aussicht auf das Monte-Rosa-Massiv, die Viertausender der Alpen, die auch am Ortasee immer im Hintergrund leuchten.

Wo, bitte, geht’s nach Domodossola?

ist der Titel eines Reiseberichts von Bill Bryson, einem Amerikaner in Europa. Ich hab ihn mir gemerkt, weil der Name fast erfunden scheint – und auch ich nicht einmal wusste, in welchem Land das liegen könnte. Dass jedes italienische Kind beim Buchstabieren “D wie Domodóssola” lernt (auf dem ó betont – Bill Bryson schildert seine verzweifelten Versuche, eine Bahnkarte nach diesem Ort zu lösen, für “dessen Aussprache es siebenunddreißig Möglichkeiten gibt” – er erntet nur Stirnrunzeln).

Aber das war nur ein Anlass, diesen Ort nicht zu übersehen, der auf einer von einer beeindruckenden Bergwelt gesäumten Straße in gut einer Dreiviertelstunde erreichbar ist.  Der Reiseführer versprach zwei besondere Attraktionen: einen riesigen Samstagsmarkt (auf dem die ganze Schweiz einkauft) für fast alles – Antiquitäten, Lebensmittel, Kleidung. Und eine schöne Altstadt. Gerade diese hat es uns dann auch angetan: liebevoll gepflegte Häuser, ineinander verschachtelt, enge Gässchen. Etwas abseits des Markts finden sich in einigen ruhigen Gassen sehr schöne kleine Lokale, in einem aßen wir wunderbar zu Mittag. Und natürlich haben wir auch einiges gefunden: ein Slow-Food-Metzger, der auch Wildfleisch verarbeitet, einige Kleidungsstücke auf dem Markt, einen Bio-Händler mit tollen verarbeiteten und eingelegten Gemüsen. Der Tag war strahlend schön, wir genossen jede Minute!

L’oca mannara

Heißt die Unterkunft, die Hermann diesmal für uns ausgesucht hat. Wie so oft haben wir auch diesmal großes Glück. Sehr herzlich werden wir von Donata empfangen und bewirtet. Es ist ihr anzumerken, dass sie Menschen und Tiere und ihre Arbeit mag. Unkompliziert und selbstverständlich ist die Atmosphäre, die sie in ihrem Anwesen vermittelt. Apicoltura ist auf den Karten und Schildern zu lesen. Der Bienenkultur hat sie sich verschrieben und man begegnet dieser Kultur an allen Ecken und Enden. Das alte Haus ist liebevoll renoviert und mit vielen Geschichten eingerichtet. Ein feiner Platz für unsere Mädels und uns.

Ab in den Süden!

Wir waren beide nicht fit, aber die Reiseapotheke wurde prall gefüllt mit Aspirin, Neocitran, die Wohlfühlkiste mit Tees und Wärmflasche: und dann ging’s mit einem Tag Verzögerung los – wir entschlossen uns, trotzdem zu fahren.
Sehr früh, kurz nach fünf fahren wir weg, unser Weg zum Ortasee führt über die Schweiz, den St. Bernhard und bei Bellinzona dann Richtung Lago Maggiore nach Locarno: die Sonne ist schon stärker als jemals in den letzten Wochen, der See glitzert uns mit jeder Welle ein kleines “Ferien!” entgegen. Nur mehr mühsam können wir den Wunsch unterdrücken, stehenzubleiben und einen Kaffee zu trinken, aber ein bisschen weiter noch, nur ein bisschen. Dann ist da plötzlich ein Grenzschild, aus dem geschniegelten zweispurigen Nobelseeufer wird plötzlich eines mit einer wesentlich schmäleren, teilweise holprigen Straße, kaum mehr Villen oder Jachten, entspanntes Genießen ist angesagt. In Cannabio, einem Ort, der seine besten Zeiten lang hinter sich hat, sind die Spuren vergangenen Glanzes immer wieder sichtbar, aber es bröckelt und altert und hat gerade deshalb einen wunderbaren Charme. Wir trinken einen Kaffee am Hauptplatz, der Lago Maggiore wirkt groß und die Straße am Strand ist für einen Bummelspaziergang optimal.
Danach ist es ein genussvolles Weiterrollen, nach Verbania, wo es landeinwärts nach Omegna geht, dem nördlichen Uferort unseres Sees. Da fahren wir in die Stadt hinein um dann plötzlich genau an der Seeuferstraße zu landen, an der es schnell entlang des Ostufers nach Süden geht, kaum eine Viertelstunde später fahren wir ein bisschen den Berg hinauf zu unserem Zielort Ameno: hier waren um die Jahrhundertwende fast nur Villen, jetzt ist es ein verschlafener, ruhiger Ort, an dem die absolute Ruhe nur vom Gezwitscher der Vögel und dem Kläffen von ein paar Hunden unterbrochen wird. Und manchmal bimmeln ein paar Glöckchen…